2. Quartalsbericht aus Schottland.

April 14, 2007 um 9:48 pm | Veröffentlicht in Monatsberichte | Hinterlasse einen Kommentar

14.4.07

2. Quartalsbericht 

Schon über ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem ich hier in Schottland mein grandioses Freiwilliges Soziale Jahr begonnen habe und über die Hälfte meines FSJs ist damit vorüber. Der Frühling steht vor der Tür und jetzt kann der bessere Teil meines Aufenthaltes beginnen. Seit zwei Wochen scheint die Sonne, es ist warm und das Hostel und die Straßen sind belebt. Da steigt doch direkt die Stimmungslage.

Ich fange ganz einfach mal da an, wo ich meinen letzten Bericht aufgehört habe:

 

Nach dem sehr regenreichen Dezember stand Weihnachten vor Tür und mein Urlaub in Deutschland dazu. Am Heilig Abend bin ich nachmittags gut in Deutschland angekommen und hab mich sehr wohl gefühlt, zwei Wochen unter Familie und Freunden zu sein. Tatsächlich war ich am Ende ein wenig traurig, wieder nach Schottland zu fliegen, wenn auch glücklich zugleich, denn mir gefällt es hier weiterhin sehr gut. Ich hatte so viel Spaß mit meinen Freunden in dieser Zeit, dass ich dachte, mir wird genau dieser Spaß sehr fehlen, wenn ich ins graue und im Winter etwas langweilige Schottland zurück komme. Doch in dem Moment, als ich in meinem Zimmer im Hostel meine Tasche auf den Boden legte, überkam mich ein Gefühl der totalen Freiheit und mir wurde klar, dass dieser Urlaub in Deutschland eben nur ein Urlaub war, und mein zu hause nun mal jetzt in Schottland ist. Hier bin ich mein eigener Boss, hier bin ich ganz Unabhängig und Selbstständig und auf diese Dinge will ich nicht mehr verzichten.

Ab dem neuen Jahr verlief meine Zeit hier ein wenig anders als vorher. Ich bin in den letzten Monaten fast gar nicht mehr über die Stadtgrenze Stirlings hinausgekommen. Im vergangenen Jahr bin ich durch ganz Schottland gereist und ab Januar hab ich fast ausschließlich im Büro gearbeitet. Erst letzte Woche bin ich mit dem Auto zwei Mal in die Highlands und nach Inverness gefahren, um dort einige Dinge abzuliefern und habe unterwegs bei der einen oder anderen Sehenswürdigkeit Halt gemacht. Die Büroarbeit der letzten Monate hab ich sehr genossen. Ich bin weiter mit meinen Kollegen zusammen gewachsen und wir sind nicht nur auf der Arbeit ein richtig gutes Team geworden. Seit Januar hatte ich eine neue Aufgabe bekommen, die ich mir mehr oder weniger selber besorgt habe. Fast 8 Wochen lang habe ich eigentlich täglich an einer Webseite für mein Hostel gearbeitet. Habe das Design entworfen, Artikel über das Hostel und über Stirling und seine Umgebung geschrieben und Fotos geschossen. Das Fotografieren hat mir dabei am meisten Spaß gemacht, da wir eine neue Digitalkamera für die Firma bekommen haben. Bisher hatte nur ich sie in der Hand und ich will sie gar nicht mehr hergeben. Auch über Stirling habe ich durch das recherchieren viel erfahren. Zum Beispiel das hier: In Stirling gibt es ein Museum, das den ältesten Fußball der Welt ausstellt. (Toll, oder? Hab ihn aber noch nicht gesehen.)

Nach 8 Wochen Arbeit ist die Webseite jetzt endlich online, und wen es interessiert, wie mein Hostel und Stirling ausschaut, der kann ja mal auf http://www.stirlinghostel.co.uk klicken.

 

Das Leben im Hostel war den ganzen Winter eigentlich eher ruhig und langweilig. Es war nur ab und zu belebt durch verschiedene Gruppen, die übers Wochenende hier zu besuch waren, ansonsten waren nur eine Handvoll Gäste pro Nacht hier. Mit Gästen hab ich deshalb wenig zu tun gehabt, dafür umso mehr mit einheimischen. Mit meinen Kollegen im Hostel (alles Jugendliche) die hier hinter der Rezeption oder in der Küche arbeiten, bin ich relativ häufig unterwegs. Und was haben wir alles unternommen? Eigentlich nur abends in Pubs, Bars und Diskos unsere Zeit vertrieben, denn sonst gab es hier nicht viel zu tun im Winter. Und deshalb habe ich mich um so mehr auf den Frühling gefreut, der jetzt endlich vor der Tür steht, damit mal ein wenig Abwechslung in meinen Alltag kommt.

 

Zu Karneval war ich natürlich auch wieder zu hause, denn die schönste Zeit im Jahr kann ich mir ja nicht entgehen lassen. Und viel mehr als „Karneval war echt super“ kann ich dazu auch nicht sagen und am liebsten hätte ich dieses Jahr 2 Wochen Karneval gefeiert. 

 

Wenn ich mir von den ca. 25 Hostels, die ich bisher von unserem Verband gesehen hab, das Schönste heraus suchen sollte, dann würde ich sagen, dass mir Stirling Hostel am besten gefällt. Doch ein weiteres Hostel fasziniert mich ganz besonders. Wir haben ein Hostel mitten in der Wildnis, ganz abgeschieden von der Außenwelt. Offiziell ist es nicht einmal mehr mit dem Auto zu erreichen. Alle Gäste müssen mit dem Zug anreisen, und dann noch ein wenig zu Fuß gehen, um dort anzugelangen. Das Hostel liegt direkt am Ufer von Loch Ossian und auf dem Grundstück der Tochter des schwedischen Erfinders von Tetrapack. Ein Kollege und ich wurden vor einigen Wochen dort hingeschickt, um dem Hostelmanager zu helfen, eine Lieferung von 2 Tonnen Kohle in sein Hostel zu tragen, denn nur so kann es beheizt werden. Das ist das umweltfreundlichste Haus, was ich je gesehen hab. Strom durch einen hauseigne Windturbine, Wärme durch Holz und Kohle, der Anstrich des Hauses ist Fledermausfreundlich (???), Toiletten sind nur Löcher, Selbsttrocknende Seife zum Abwaschen der Hände, „Keine Duschen“, Abwasser wird von einer Anlage neben dem Haus gereinigt, bevor es in den See abgelassen wird, jeglicher Müll, angeschleppt von Gästen, muss wieder mitgenommen werden, und so weiter….. Na ja, der Hostelmanager riecht auch dementsprechend. Er wohnt übrigens schon seit 4 Jahren da, alleine mit seinem Hund und von September bis April hat das Hostel geschlossen. Vorher hat er in London in einem Casino gearbeitet; was für eine kulturelle Umstellung. Auf jeden Fall hat der Job nur 17 Minuten gedauert und unser nächster Zug kam erst 6 Stunden später und so hatten wir noch Zeit, ein wenig wandern zu gehen und uns dafür auch noch bezahlen zu lassen. Der Bahnhof in der Nähe ist übrigens nur eine Plattform mit einem Haus (Ein Restaurant, keine Ahnung, ob die schon bemerkt haben, dass keine Gäste vorbei kommen) mitten im nichts und war Drehort für den Schottischen Film Trainspotting. Ich war jetzt schon zum dritten Mal dort und mir gefällt es immer besser, je höher ich klettere. Hirsche laufen auch frei herum und zwar en Masse. Schottische Wildnis pur.

 

Mitte März stand das Zwischenseminar des Sfd in Kassel an und für alle, die nicht wissen, was es damit auf sich hat, kommt hier eine kurze Erklärung: Jeder Fsjler muss 25 Seminartage während seines Freiwilligen Sozialen Jahres hinter sich bringen. Unser Einführungsseminar hat Anfang September stattgefunden und nun stand also das Zwischenseminar an. Was wir auf diesen Seminaren machen? Gruppengespräche über unsere Auslandsaufenthalte und andere soziale Themen, Gruppenspiele (ja, auch lustige Kinderspiele), Soziale und kulturelle Einrichtungen besichtigen, Sport, Kochen, und noch andere lustige Dinge. Auch dieses Seminar war wieder hervorragend vorbereitet (dass muss ich sagen, denn auch der Sfd liest immer fleißig mit) und es hat mir riesig Spaß gemacht die anderen Fsjler wieder zu treffen und mal zu hören, wie es ihnen ergangen ist. Dass die meisten von ihnen ein Meer vor ihrer Haustür haben, hat mich etwas neidisch gemacht, aber man kann ja nicht alles haben. Wasser gibt es hier ja trotzdem mindestens genauso viel. Nach dem Seminar habe ich noch 5 weitere Tage Urlaub in Deutschland genommen und die Zeit mit einer ganz lieben Freundin verbracht, die kürzlich aus Australien wieder gekommen ist.

 

Jetzt bin ich seit über 2 Wochen wieder in Schottland, wo der Frühling begonnen hat. Im Rückblick hat mir Schottland in den letzten 6 Monaten sehr gut gefallen und deshalb bin ich mir sicher, dass mir Schottland im Sommer und in der Hochsaison erst recht gut gefallen wird. Als ich hier angekommen bin, war die Saison fast vorüber und ich hab noch erlebt, wie viel Spaß man in einem Hostel haben kann, wenn es voller Jugendlicher ist. Und genau auf diesen Spaß freu ich mich riesig, wenn es hier endlich losgeht. In zwei Wochen werde ich mit meinem Bruder für 4 Tage nach Irland fliegen und danach einen Sprachkurs in Spanisch beginnen, auf den ich mich sehr freue. Also, der Sommer kann kommen!

 

Dominik Senk

 

 

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