Dominiks 1. Quartalsbericht

Dezember 27, 2006 um 11:10 am | Veröffentlicht in Allgemein | Hinterlasse einen Kommentar

15.12.06

1. Quartalsbericht

Regen! Immer nur Regen! Dunkelheit umgibt mich. Ich bin komplett durchnässt. Warum? Was ist passiert? Wo bin ich? Das Meer, das mich umgibt, ist fast schwarz, die Sicht sehr eingeschränkt. Nebel, überall nasser, feuchter Nebel. Die feinen Regentropfen nehme ich schon fast nicht mehr wahr, ich bin sie gewohnt. Seit einem Monat Regen, …glaube ich. Ich weiß es nicht mehr. Das Zeitgefühl schwindet. Ist es Tag? Ist es Nacht? Alles scheint zu schwimmen. Die Insel ist ein Moor. Ich versinke im Schlamm. Immer tiefer versinke ich. Was mach ich hier? …und wer bin ich überhaupt? …Ach ja, jetzt erinnere ich mich. Das Verzerrte wird klarer. Ich bin ein Fsjler bei der Arbeit in Schottland.  

Als Einleitung ein kurzer Eindruck von Schottland im Dezember. Jetzt habt ihr schon ein erstes Bild und könnt ganz voreingenommen den weiteren Bericht lesen. Aber so schlimm ist es nicht. Im Gegenteil.

Seit meinem letzten Bericht im Oktober sind wieder zwei Monate wie im Flug vergangen und es ist so einiges passiert. Das Wetter hat sich erst seit ca. 4 Wochen extrem verschlechtert. Mal ist es kalt, mal mild, aber vom Regen bleibe ich fast nie verschont. Und wenn man morgens aufwacht und die Sonne ins Zimmer scheint, dann kann man fast mit Gewissheit sagen, dass es mindestens einmal noch Regen gibt, bevor der Tag sich dem Ende zuneigt. Aber gut, das wusste ich auch schon, bevor ich hierhin kam. Und einer wie ich, der lässt sich nicht so einfach von Mutter Natur in den Bauch boxen. Da muss ich durch. Und ich bin vorbereitet. Also komme was solle, ich nehm alles!!!

Meine Arbeit macht mir weiterhin sehr viel Spaß. Je näher ich die Kollegen kennen lerne, desto lockerer und lustiger wird es im Büro. Manchmal albern wir minutenlang rum, sodass die Arbeit ganz vergessen wird. Mein Chef ist sehr oft einfach nicht mehr ernst zu nehmen. Wenn er richtig loslegt, dann muss ich vor Lachen die Arbeit erstmal liegen lassen und mich beruhigen. Überall werde ich nur noch „Big Dom“ oder „Big bad Dom“ genannt, oft wird es sogar gesungen. Muss wohl irgendein Werbeslogan gewesen sein, denn jeder kenn die Melodie. Dabei weiß jeder, der mich kenn, dass ich gar nicht so groß bin. Und „bad“ ja sowieso nichtJ Im Büro ist also soweit alles beim Alten geblieben. Doch in den letzten Wochen war ich fast überwiegend unterwegs. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere daran, dass ich in meinem ersten Monatsbericht die beiden Hostels in Edinburgh erwähnt habe, die geschlossen wurden. Genau die haben wir vor Wochen komplett ausgeräumt und alles Brauchbare wie Tische, Stühle, Kühlschränke, Betten, Sofas, Fernseher, Waschmaschinen, Öfen, Fernseher, usw. an andere Hostels in ganz Schottland verteilt. „Wir“ das sind Jock, der Lastwagenfahrer, und ich. Ich bin also sehr viel rumgekommen in den letzen Wochen. War an der Nord-West Küste Schottlands, in den Highlands, in einem Schloss, auf einer Insel Richtung Irrland, in Südschottland und und und…. (am Ende des Beitrags findet ihr eine Karte, mit allen Orten, in denen ich schon war.) Ich habe schon viele der schönsten Gegenden Schottlands gesehen, die wahrscheinlich im Sommer noch schöner sein werden, denn in dieser nassen Jahreszeit kann man sie wenig genießen. Nach all diesen Touren, die auch teilweise mehrere Tage in Anspruch nahmen, hab ich mich aber jedes Mal nach meinem Zimmer in Stirling gesehnt. Ich hab mir mein kleines Zweibett Zimmer sehr gemütlich eingerichtet. Habe mir neue Möbel, wie ein Regal und einen Fernsehtisch und ein wenig Deko besorgt. Eine kleine Palme ziert jetzt auch den Raum. Ach ja, da mein Fernseher ja implodiert ist, war mein Chef so nett und hat mir seinen alten Fernseher vorbei gebracht. Alles in Allem lässt es sich hier also sehr gut Wohnen. Mit den Kollegen im Hostel verstehe ich mich auch prima. Wir sind quasi schon fast eine große Familie.

Am meisten macht mir das Kochen spaß. Ich kann mich mittlerweile schon stolz zu den fortgeschrittenen Köchen zählen und glaube, dass ich meine neue Leidenschaft entdeckt habe. Das Hostel selbst bietet schon seit einem Monat keine Mahlzeiten mehr an und deshalb kann ich meiner kreativen Kochkunst genug Möglichkeit geben, sich frei zu entfalten. Am schönsten ist es, wenn man nicht alleine in der großen Küche steht. Oft kochen viele Gäste gleichzeitig ihr Abendessen und die Küche ist, so hab ich meine Erfahrungen gemacht, der beste Ort, mit Gästen ins Gespräch zu kommen. Oft sitzen wir dann noch bis in die Nacht hinein im Esszimmer, trinken gemütlich etwas und unterhalten uns oder gehen zusammen in die Pubs.

Da man in den ersten Monaten noch motiviert ist, hab ich mir gedacht, dass ich doch mal einem Sportverein beitreten könnte, um mehr Bewegung zu bekommen und Einheimische kennen zu lernen. Hier in Stirling gibt es jede Menge Sportangebote und ich hab mich dann, weniger gut überlegt, für Rugby entschieden. Letzte Woche hatte ich mein erstes Training und sofort danach entschieden, dass es auch mein letztes bleiben wird. Da es um 4 mittlerweile schon komplett dunkel ist, findet das Training im schwachen Flutlicht statt. Dazu versinkt man mit dem ersten Schritt auf den Rasen im Schlamm und bekommt von oben eine herrliche Dusche. Kein Wunder, warum die 3. Mannschaft von Stirling nie zum Training erscheint. Und so musste ich, der noch nie zuvor im Leben Rugby gespielt hatte, direkt bei der 2. Mannschaft mittrainieren, wo ich mir total verloren vorkam. Keiner hat mir wirklich was erklärt und ich bin nur verwirrt auf dem Spielfeld herumgelaufen. Nach 1 ½ Stunden fast totaler Ziellosigkeit war das Training vorbei und mein erster Gedanke war: „Warum zum Teufel bist du überhaupt auf die Idee gekommen im Winter Rugby zu spielen? Du warst wahrscheinlich betrunken.“ Meine nächste Herausforderung wir wohl ein Fußball Pubteam sein. Fußball ist nicht ganz so kompliziert und der Rest auch nichtJ Mal sehen.

„In the year of our Lord 1314, patriots of Scotland, starving and outnumbered, charged the fields of
Bannockburn. They fought like warrior poets. They fought like Scotsmen.
And won their freedom.“

(„Im Jahre des Herrn 1314 erstürmten schottische Patrioten halbverhungert gegen eine Übermacht das Feld von Bannockburn. Sie kämpften wie Kriegerpoeten, sie kämpften wie Schotten und gewannen ihre Freiheit!!“)Wer kennt ihn nicht, den berühmten letzten Satz aus Braveheart? Ich erwähnte bereits, dass Stirling eine Stadt mit einer sehr interessanten Geschichte ist. Auf dem Weg zur Schottischen Unabhängigkeit fanden in Stirling zwei, der entscheidungsreichsten Schlachten statt. Im Jahr 1297 besiegte William Wallace, einer der größten Freiheitskämpfer Schottlands, und seine Anhänger die Engländer in der „Schlacht von Stirling Bridge“.  Nach seiner Hinrichtung im Jahr 1305 versuchten die Engländer Schottland wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. King Eduard II von England ritt 1314 mit einer riesigen Armee Richtung Stirling um die Schotten auf dem Feld von Bannockburn, was direkt vor Stirling liegt, zu vernichten. Die Schotten waren zahlenmäßig weit unterlegen, doch mit der richtigen Taktik gelang es Robert Bruce, dem Schottischen König, die Engländer erneut  entscheidend zu schlagen. Schottland sollte für die nächsten 300 Jahre unabhängig bleiben.Auf dem Feld von Bannockburn kann man heute wunderbar Golf spielen. (Auf dem Bild ist links die Bruce Statue, die auf der Plattform von Stirling Castle steht, und rechts im Hintergrunde auf dem Berg das Wallace Monument, in dem das Schwert von William Wallace ausgestellt ist,  zu sehen). 

Nach meinem letzten Bericht bekam ich einen Leserbrief mit der Frage, ob man auch noch echte Schotten im Kilt antrifft. Ja, man trifft sie noch an. Hin und wieder sieht man Schotten, ob jung oder alt, im traditionellen Kilt herumlaufen und am Wochenende wird die Altstadt Stirlings von den klängen der Dudelsäcke erfüllt. Schottland-feeling pur! Aber jetzt fragt bitte nicht, ob die Schotten wirklich nichts unterm Kilt tragen, ich will nämlich nicht nachschauen. Hier kann man übrigens auch sonntags wunderbar shoppen gehen. Alle Geschäfte haben die ganze Woche lang geöffnet, Supermärkte sogar bis 10 Uhr abends. Find ich gut. Überall wird man von Angeboten, wie „Buy 2 for just £(irgend ein Betrag)“, „Buy one get one free“ oder „Buy one, get the 2nd one 50% off“, oder oder oder…überhäuft. Deshalb ist es immer besser 1 Produkt für gleich mehrere Tage im Kochplan aufzunehmen. So kommt man wirklich günstig weg. Das gleiche gilt auch für Klamotten.

Heute war ich in Edinburgh zum „christmas shopping“. Mitten in der Innenstadt befindet sich ein deutscher Weihnachtsmarkt, auf dem die Budenbesitzer Deutsche sind und Produkte wie Seppelhüte, Reibekuchen, Glühwein, Brezel usw. anbieten. Und die gehen weg, wie Butter. Für meinen Geschmack war alles etwas zu teuer. Hab mir gebrannte Mandeln (100g) für 3,75€ gekauft, für Glühwein war dann nicht mehr viel im Portemonnaie, aber die Schotten haben den Markt wie die Verrückten leer gekauft.

Und ich muss mich korrigieren: Ein paar Zeilen weiter oben hatte ich erwähnt, dass William Wallace hingerichtet wurde. Stimmt doch nicht, denn ich bin ihm heute begegnet und zusammen haben wir Edinburgh Castle vor bösen Touristen verteidigt.

Um einen Abschluss zu finden, gebe ich ein kurzes Fazit meiner aktuellen Seelenlage wieder. Ich habe mich wunderbar hier in Schottland eingelebt und fühle mich fast wie zu hause. Mein Englisch macht Fortschritte und mit dem Schottisch komme ich auch immer besser zurecht. Ich muss nur aufpassen, dass ich mir den Akzent mancher Leute hier nicht zu sehr angewöhne, denn ihr würdet dann erstmal nur blöd gucken, wenn ich mit euch Englisch redete. Habe jetzt schon viel von Schottland und von unseren Hostels gesehen, und habe mich schon so manches Bild von den anderen Hostels machen können. Noch wohne ich ja in Stirling und irgendwie gefallen mir die Stadt und auch das Hostel hier am besten. Deshalb werde ich wohl auch nächstes Jahr die meiste Zeit hier verbringen und vielleicht ab und zu mal wieder für ein paar Wochen in einem anderen Hostel arbeiten. Aber das steht noch in den Sternen. Ich habe mich noch für nichts entschieden und so lange ich im IT-Department noch Arbeit finde, bleibe ich dort. Heimweh habe ich noch nicht gehabt und langweilig ist mir auch fast nie. Unter der Woche gibt es immer etwas zu tun, meistens finde ich kaum meine Ruhe. Da die meisten Gäste oder auch meine Kollegen unter der Woche ihre feien Tage haben, unternehme ich meistens dann abends etwas mit ihnen, was am nächsten Morgen nicht einfach für mich ist, weil ich ja arbeiten muss. Am Wochenende ist es dafür ruhiger und ich vertreibe mir die Zeit mit Shoppen, Putzen, Sightseeing oder Fußballgucken. Das Einzige, was mich momentan an Schottland stört ist, dass es permanent nass ist und fast jeden Tag regnet. Doch nächste Woche kann ich dem ganzen Regen entfliehen, denn ich fliege am 24.12. für 11 Tage zurück nach Deutschland und ins gute alte Pulheim. Jetzt sagt mir bitte nicht, dass es bei euch auch nur regnet.

Danke fürs Zuhören, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Hochachtungsvoll,

Dominik Senk

Neue Bilder von Dominik

Dezember 16, 2006 um 9:50 pm | Veröffentlicht in Bilder | Hinterlasse einen Kommentar

Hiho, endlich gibts mal wieder was zu sehen.

Ich bin in den letzten Wochen ein wenig rumgekommen und hab ein paar Bilder geschossen. Auf der Karte seht ihr die Orte, die ich schon besucht habe. In jedem dieser Orte haben wir ein Hostel, deshalb war ich dort aus arbeitstechnischen Gründen.

Die nächste Fotogallerie zeigt Bilder von Islay, Carn Dear, Carbisdale Castle (unser Highland Schloss-Hostel), und verschiedenen Gegenden Schottlands.

hier geht’s zu den Bildern

War heute in Edinburgh ein wenig Christmas shopping. Dort gibt es einen deutschen Weihnachtsmarkt mit lauter deutschen Produkten, angefangen vom Seppelhut, über Glühwein bis zum Reibekuchen. Vor Edinburgh Castle bin ich dann einem sehr bekannten Gesicht begegnet…

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